Misery Loves Company

Elend liebt Gesellschaft

Gesammelte social media Kommentare auf Stein, seit 2022
Collected social media comments on stone, since 2022

Projekt/project online : http://miserylovescompany.stefanie-reling.de/
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Das Internet als Arbeitsmittel ist für mich persönlich seit fast 30 Jahren die wichtigste Quelle für meine künstlerische Arbeit. Ich beobachte dort die zwischenmenschlichen Energien, die im virtuellen Raum gedeihen. Gesellschaftliche Entwicklungen lassen sich dort sehr präzise erforschen und die  Kommunikation untereinander ist immer ein Indiz für die derzeitige Stimmung.
Meiner Arbeitsweise entsprechend sammle ich seit einiger Zeit Kommentare aus den unterschiedlichsten Diskussionen und Kommentarspalten von social media. Aus dem Zusammenhang heraus gelöst dokumentieren diese Wortschöpfungen in meiner Liste eine höchst eigentümliche Art und Weise menschlicher Kommunikation, die mich teilweise amüsiert oder deprimiert. 
Während ich – zumindest in meiner Blase – die analogen Begegnungem bisher noch als vorsichtig verhalten empfinde, scheint die digitale Kommunikation im virtuellen Bereich komplett enthemmt zu sein. Die persönlichen Grenzen werden hier schon lange nicht mehr berücksichtigt. 
Mehr Distanzlosigkeit ohne Berührung geht eigentlich gar nicht. 
Es wird gehetzt, gepetzt, gelogen, provoziert, Intimität ignoriert, sich empört, Fake News verbreitet und Polemik zelebriert. Je LAUTER ein Beitrag formuliert wird, desto mehr Menschen fühlen sich ermutigt, ebenso laut zu reagieren. Und hat man erstmal ein paar Follower um sich gesammelt, muss man nachlegen. Die Kommentarbereiche von social media füllen sich mit verbalen Querschlägern, die Grenze zur Straftat ist oft fließend. 
Letztendlich geht es hier aber hauptsächlich um das Generieren von Klicks und Traffic und um ein bisschen virtual fame. 
Vor einiger Zeit habe ich angefangen, die gesammelten Kommentare auf gefundene Steine aufzuschreiben. Zwar nicht ‚in Stein gemeißelt‘, aber zumindest wasserfest fixiert sind diese aus den Tiefen der flüchtigen Kommunikationsebene an die Oberfläche eines zeitlosen Trägermediums gelangt und dort für analoge Betrachtung frei gegeben. 
Als personifiziertes Cookie analysiere und speichere ich so unser digitales Verhalten im WWW und konfrontiere in meinen daraus resultierenden ‚offline Übersetzungen‘ die online-user mit ihrem ‚virtuellen selbst‘.