Rita Täuber

Dr. Rita Täuber, Kuratorin Skulpturenmuseum Heilbronn

Eröffnungsrede Ausstellung Rathaus Stuttgart, 2011

„Buchstabenzeichen geben der Sprache und damit den Worten eine Form und im syntaktischen Gefüge in der Regel auch Sinn –  das Letzteres nicht immer der Fall ist, zeigt Stefanie Relings Beschäftigung mit sogenannten SPAMS. Sie wissen, diese auf elektronischem Weg übertragenen Botschaften, die einem unverlangt und unerwünscht tagtäglich zugestellt und von den Emailprogrammen unter der Rubrik SPAMverdacht zur Löschung gesammelt werden. Glaubt man WIKIPEDIA so führt der Begriff SPAM auf den Markennamen eines britischen Dosenfleischs zurück SPICED HAM, das während der Kriegsjahre in GB überall und unbeschränkt erhältlich war.

„Warum nicht mal lesen“, so Stefanie Reling, „was sich so zahlreich in unseren Postfächern anhäuft.“ Ausgestattet mit der aktuellsten Antivirensoftware traute sie sich, das gefährliche Gut zu öffnen und stieß neben einer Schwemme von Werbemails aber auch auf künstlerische verwertbare Botschaften und Verquertheiten. Die in englischer Sprache verfassten Nachrichten lässt sie dabei durch den maschinellen  – also nicht den Gesamtzusammenhang der Texte berücksichtigenden –  Übersetzer laufen und kommt so zu sprachlich höchst eigenwilligen Textkreationen, die sie in Form von großformatigen Ausdrucken, Lesewerken dem Betrachter präsentiert. Das Überraschende dabei ist, dass diesen auf diese Weise generierten Texten, Fragmenten und vom Kontext gelösten Exzerpten durch unser Lesen wiederum Sinnhaftes und Bedeutung zukommt, die wie ein Kollege treffend formulierte „zwischen Schwachsinn und Tiefsinn changierén.“

Angesichts dessen, das mittlerweile höher entwickelte SPAMFilter längst nicht mehr das durchlassen, was noch vor wenigen Jahren die Postfächer überflutete, hat Stefanie Reling auf ihrer Website ein SPAMMuseum eingerichtet, in dem diese an alle und jeden gerichteten Nachrichten abrufbar sind. Ein Blick in dieses digitale Archiv lohnt, zumal eine Glücksspam auf Sie wartet – meiner lautete: We are ready to give you a loan – zu Deutsch: wir sind bereit, Dir ein Darlehen zu geben.“